ASCO 2020-Meine Highlights vom Harnblasenkarzinom

12
Jun
2020
PD Dr. med. habil. Nils Kröger
Forschung

Avelumab als Erhaltungstherapie nach einer platinhaltigenErstlinientherapie bei Patienten mit einem metastasiertem Urothelcarcinom.

 

Tom Powels und Kollegen stellten mit der Javelin Bladder 100 Studie aus uro-onkologischer Sicht die wichtigste Studie des diesjährigen ASCO 2020 vor. Diese Studie ist deshalb so wichtig, weil ihre Ergebnisse geeignet sind, um die therapeutische Praxis zu beeinflussen oder sogar zu ändern. Zum Hintergrund: Die Standardtherapie für das metastasierte Urothelcarcinom ist in der ersten Therapielinie immer noch eine klassische Chemotherapie mit einer cisplatinhaltigen Kombination, sofern hierfür keine Kontraindikationen bei dem zu behandelnden Patienten vorliegen. Die Anzahl der verabreichtenTherapiezyklen ist hierbei v.a. wegen des Medikaments Cisplatin begrenzt. Sofern Patienten ein Therapieansprechen gezeigt haben, bestand das weitere Vorgehen zunächst im Abwarten.

In der jetzt durchgeführten Studie wurde untersucht, ob es einen Vorteil für den Patienten erbringt, wenn bei Patienten, die auf eine klassische Form der Chemotherapie ein Therapieansprechen hatten, nicht abgewartet, sondern eine Therapie mit Avelumab eingeleitet wird. Bei Avelumab handelt es sich um eine moderne Form der Immuntherapie, die es Abwehrzellen des menschlichen Körpers ermöglicht, Krebszellen zu zerstören. Das Gesamtüberleben lag in der Gruppe, die eine Therapie Avelumab bekamen, im Median bei 21,4Monaten versus 14, 3 Monaten bei den Patienten, bei denen kein Avelumab gegeben wurde. Das Risiko eines frühzeitigen Versterbens lag damit in der Avelumab Gruppe um ca. 30% unter der Gruppe ohne Avelumabtherapie. Die Therapie von Patienten mit der entsprechenden Indikation hat damit einen neuen Therapiestandard bekommen. Voraussetzung ist aber eine Genehmigung der europäischen Gesundheitsbehörde (EMA). Bis diese Genehmigung vorliegt, kann dieTherapie nur nach vorheriger Genehmigung im Rahmen eines off label use Verfahrens gegeben werden.

 

Neue Daten eines spannenden Therapieansatzes. Daten vomEinsatz von Enfortumab Vedotin werden erneut präsentiert.

 

Therapieansätze bei einem metastasierten Uorthelcarcinom, dh bei einem Krebs, der in der Schleimhaut des Nierenbeckens, Harnleiters oder derHarnblase gebildet wird sind immer noch rar. Über ca 30 Jahre standen fast ausschließlich platinhaltige Kombinationstherapien zur Verfügung. Mit dem Einsatz moderner Immuntherapien hat sich das Therapiespektrum deutlich erweitert. Dennoch gibt es weiterhin eine bedeutende Zahl von Patienten, die nicht von den derzeit zugelassenen Therapiestrategien profitieren. JonathanRosenberg und Kollegen hatten bereits im Februar 2020 auf dem ASCO GU erste Ergebnisse zu einer neuen Therapie mit Enfortumab Vedotin in Kombination mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor Pembrolizumab vorgestellt und haben diese Daten in nahezu identisch Form jetzt noch einmal auf dem ASCO Hauptkongress präsentiert.

Die Studie besteht aus zwei Studienpopulationen:

1.    In Arm A werden Patienten in der erstenTherapielinie behandelt, die für eine cisplatinhaltige Therapie nicht geeignet sind.

2.    In Arm B werden Patienten in der zweitenTherapielinie behandelt.

Vorgestellt wurden nunmehr Daten aus dem Behandlungsarm A. Die Ergebnisse zeigen ein hohes Maß an Effektivität der eingesetzten neuen Behandlungsoption. Dreiundsiebzig Prozent der mit der neuen Kombination aus Enfortumab Vedotin und Pembrolizumab behandelten Patienten hatten ein objektives Therapieansprechen, dh bei  den Patienten sind die behandelten Zielmetastasen mind. um 30% geschrumpft oder waren sogar gar nicht mehr nachweisbar (16% derPatienten). Nach 12 Monaten waren noch 82% der so behandelten Patienten am Leben. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei ca 12 Monaten. Nachdem die Prognose von Patienten, die keine cis-platinhaltige Therapie in der ersten Therapielinie erhalten konnten, über Jahre als infaust galt, hat sich die Situation bereits durch dieZulassung der neueren Immuntherapien deutlich verbessert. Die jetzt in der letzten Studienphase erprobte Kombination aus Enfortumab Vedotin und Pembrolizumab verspricht eine weitere signifikante Therapieoption.

 

Konservative Lösung für weitere Problemgruppe beim Urothelcarcinom in Sicht? Keynot 057 zeigt weiter gute Daten im Therapieansprechen bei Patienten, die auf eine BCG Therapie nicht angesprochen haben.

 

Patienten, die an einem oberflächlichem Harnblasenkarzinom erkrankt sind, das nach feingeweblichen Kriterien ein hohes Risiko für den Übergang in ein muskelinvasives Karzinom hat, werden derzeit standardmäßig mit Füllungsbehandlungen in die Harnblase mit lebenden Bakterien (Bacillus-Calmette-Guerin=BCG) behandelt. Wenn es zu einem Therapieversagen dieser Behandlung kommt, ist bei vielen dieser Hochrisikopatienten die vollständige Entfernung der Harnblase der einzige noch verbleibende therapeutische Ausweg. Genau für diese Patienten wurde in der Keynote 057 Studie untersucht, ob eine Therapie, mit dem neuen Immuntherapeutikum Pembrolizumab einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen erbringt und sich somit letztlich eine Entfernung der Harnblase (Zystektomie) vermeiden lässt.

Nach einem Nachbeobachtungszeitraum von 2 Jahren haben 41% der eingeschlossenen Patienten immer noch eine komplette Remission, dh keine mehr nachweisbare Tumorerkrankung. Interessant war hierbei das Ergebnis, dass die Therapie mit Pembrolizumab eine spätere Zystektomie nicht behinderte. Insgesamt sind die Ergebnisse dieser Studie als ermutigend einzustufen, denn Patienten bei denen eine Zystektomie nur schwer durchführbar wäre oder bei solchen Patienten, die sich gegen eine Zystektomie entscheiden, wäre ohne die Therapie mit Pembrolizumab keine Behandlungsoptionen gegeben. Die Therapie mit Pembrolizumab in der oben beschriebenen Erkrankungssituation ist in den USA bereits als Therapie zugelassen, in Europa liegt die Zulassung bisher aber noch nicht vor.